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Arbeit im Home-Office: 10 Tipps für eine bessere Work-Life-Balance

Weniger Bürofläche, Förderung der Digitalisierung, freie Zeiteinteilung: Mit der Einführung von Home-Office als üblicher Arbeitsform galten neue Regeln in allen Bereichen. Seither können Beschäftigte ihre Arbeit vollumfänglich oder zumindest in Anteilen von zu Hause aus leisten. In Zeiten von Corona wurde der Anteil derer, die am heimischen Arbeitsplatz für den Arbeitgeber tätig waren, deutlich grösser. Doch inzwischen wird der Ruf von Unternehmen laut, dass doch bitte wieder mehr Angestellte ins Büro zurückkehren mögen. Der persönliche Austausch unter den Beschäftigten soll wieder gefördert werden.

Dabei kann mangelnde Produktivität kein Grund dafür sein, denn bei einer im Februar 2021 in der Schweiz durchgeführten Studie gaben rund 37 Prozent der Befragten an, im Home-Office genauso produktiv zu sein wie im Büro, weitere 47 Prozent waren der Meinung, sogar noch (viel) produktiver arbeiten zu können, wenn sie von zu Hause aus tätig seien. Statistisch gesehen stieg der Anteil der gelegentlichen und dauerhaften Telearbeiter:innen von 19,7 Prozent (2014) auf 39,6 Prozent (2021). Nach dem Ende der Pandemie sank die Zahl der im Home-Office Tätigen wieder leicht ab und betrug 2022 noch 37,1 Prozent der Erwerbstätigen. Den grössten Anstieg zwischen 2021 und 2022 verzeichnet die Zahl der gelegentlichen Telearbeiter:innen (rund 6 Prozent), gesunken ist der Anteil der Personen, die regelmässig von zu Hause aus arbeiten (minus 5 Prozent).

Flexibilität im Alltag: Wie gewinnst du deine Lebensqualität zurück?

Wer keine festen Arbeitszeiten einhalten muss, gewinnt an Flexibilität. Es ist kein Problem mehr, morgens die Kinder zu einer angemessenen Zeit in den Kindergarten oder zur Schule zu bringen, zwischendurch auch private Termine wahrzunehmen oder die Mittagspause im Fitnessstudio zu verbringen. Die scheinbar verlorene Arbeitszeit wird entsprechend nachgearbeitet. Wichtig ist vielen Unternehmen nur, ob und wie hochwertig am Ende die Arbeit erledigt wurde. Das «Wann» spielt eine untergeordnete Rolle.

Gleichzeitig bedeutet die Arbeit im Home-Office eine grosse Zeitersparnis: Mitarbeiter:innen, die morgens und nachmittags keinen Arbeitsweg von teilweise einer halben Stunde oder mehr einplanen müssen, können diese Zeit bereits zum Arbeiten nutzen. Möglicherweise erledigen sie in dieser Zeit auch die Dinge, die ansonsten erst nach dem Arbeitstag getan werden müssten und haben im Endeffekt eine Stunde mehr Freizeit. Gerade Bewohner des ländlichen Raums mit einer schlechten Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr können durch den Wegfall des Pendelns zur und von der Arbeit viel Zeit sparen.

Gesteigerte Produktivität: Mythos oder Realität?

In einer zweijährigen Studie in Kooperation mit einem chinesischen Unternehmen und mit 16.000 Studienteilnehmer:innen konnte ein Stanford-Professor belegen, dass die Produktivität im Home-Office höher ist. Die Ergebnisse der Studie aus dem April 2018 zeigten unter anderem folgende Ergebnisse:

  • keine Verspätungen durch Wegfall des Pendelns
  • Ausschöpfen der vollen Arbeitszeit möglich
  • leichtere Wahrnehmung privater Termine
  • bessere Konzentration bei zu erledigenden Aufgaben
  • geringere Zahl an Krankmeldungen
  • kürzere Pausenzeiten
  • mehr Mitarbeiterzufriedenheit

Kontra-Argumente beziehen sich häufig auf die schwierige Trennung von Beruflichem und Privatem, die fehlende Möglichkeit zum Abschalten und die unentgeltliche, weil kaum nachvollziehbare, Mehrarbeit der Angestellten. Doch die positiven Auswirkungen der Tätigkeit im Home-Office zeigen, dass die Produktivität tatsächlich zunimmt. Was bleibt, ist der mangelnde Kontakt zu Kolleg:innen. Umfragen belegen zudem, dass zwar der gruppeninterne Austausch im Home-Office zunimmt, team- oder abteilungsübergreifend bleibt dieser aber auf der Strecke. Die Frage ist somit nicht, ob das Home-Office produktiver macht oder nicht, sondern in welcher Form es zu mehr Produktivität führt.

Die Herausforderung der Selbstorganisation: Wie meisterst du sie?

Das schnelle Telefonat zwischendurch, die ständige Erreichbarkeit dank moderner Kommunikationswege sowie die fehlerhafte Annahme vieler Anrufer, dass sich der:die Gesprächspartner:in «doch die eine Minute nehmen» könne: Wer im Home-Office arbeitet, ist häufig mit einer fehlenden Akzeptanz tatsächlicher Bürozeiten konfrontiert. Doch klare Arbeits- und Pausenzeiten sind wichtig, um Stress bis hin zum Burnout zu vermeiden. Mit den folgenden Tipps gelingen Selbstorganisation und Zeitmanagement im Home-Office:

  1. Kommunikation fester Arbeitszeiten und Arbeitsstruktur
  2. Setzen realistischer Arbeitsziele für einen Tag, eine Woche, einen Monat oder ein Projekt
  3. Pufferzeiten für ungeplante Arbeiten einrechnen
  4. Auch die Familie über Arbeitszeiten informieren
  5. Überstunden im Blick behalten, Faktoren für das Zustandekommen der Überstunden herausfinden
  6. Feste Pausenzeiten einplanen, Pausen nicht überspringen
  7. Keine ständige Erreichbarkeit anbieten, Abwesenheitsnotizen für E-Mails einrichten
  8. Rituale einplanen (zum Beispiel durch Wechsel der Arbeits- zu Freizeitkleidung)
  9. Entfallene Pendelzeiten nicht zum Arbeiten, sondern für die Freizeit nutzen
  10. Tagebuch zu den Arbeitszeiten schreiben

Für die Selbstorganisation ist es zudem wichtig, dass das Home-Office nicht aus einem Laptop auf dem Küchentisch besteht. Ein eigenes Arbeitszimmer ist Gold wert und erlaubt die so wichtige Trennung des beruflichen vom privaten Bereich. Durch das Schliessen der Tür bekommt die Familie ein optisches Signal, dass aktuell nicht gestört werden darf. Dies wiederum verhindert Ablenkungen und sorgt für mehr Produktivität durch Erhalten der Konzentration.

Gesundheit und Wohlbefinden: Was sagen die Expert:innen?

Die Gefahren der Arbeit im Home-Office sind sowohl für die psychische als auch die physische Gesundheit unverkennbar. Mögliche Risikofaktoren sind unter anderem:

  • Erkrankungen des Bewegungsapparates durch nichtergonomischen Arbeitsplatz (v. a. Bürostuhl und Schreibtisch nicht anpassbar, Bildschirm in falscher Höhe etc.)
  • hoher Stressfaktor durch zu wenige Pausen, längere Arbeitszeiten, geringere technische Unterstützung, Kommunikationsprobleme, familiäre Einflüsse, mangelndes Feedback

Telearbeiter:innen sind häufig stark mit Stressoren belastet, die nicht mit der Arbeit verbunden sind. Die Kinder platzen ins Arbeitszimmer, das Essen muss gekocht werden, Hausarbeiten stehen an: Diese Dinge würden normalerweise ausserhalb der Arbeitszeiten erledigt werden und hätten im regulären Büroalltag keinen Platz. Im Home-Office hingegen werden sie nebenbei erledigt, was zu einer erhöhten Belastung und einem hohen Stressempfinden führen kann.

Wichtig ist somit zum einen das Beachten der ergonomischen Aspekte bei der Einrichtung eines Arbeitszimmers zu Hause. Der Raum muss ideal gewählt werden und abschliessbar sein. Die Lichtverhältnisse müssen ebenso angepasst sein wie Schreibtisch und Bürostuhl. Es muss möglich sein, ungestört und in völliger Ruhe zu arbeiten, wenn es nötig sein sollte. Ausserdem ist es für die Reduzierung des Stressempfindens von entscheidender Bedeutung, wie der Arbeitsplatz technisch ausgestattet und wie gross die Unterstützung durch den Arbeitgeber ist. Die Kommunikation mit Kollegen muss jederzeit möglich sein, ausserdem darf sich ein:e Mitarbeiter:in nicht alleingelassen fühlen. Fragen zu Projekten, Abläufen oder auch technische Aspekte müssen zeitnah zu klären sein.

Familie und Beruf unter einem Dach: Wie funktioniert das?

Eine Studie, die im Fachmagazin «Work, Employment and Society» veröffentlicht wurde, zeigt deutlich geringere Konflikte zwischen Familie und Berufsleben, wenn Mütter und Väter im Home-Office arbeiten. Allein der entfallene Weg zu und von der Arbeit sorgt für mehr Freizeit, die effektiv für die Familie genutzt werden kann. Wichtig ist dabei, dass der grösste Teil der Arbeit im Home-Office erledigt wird. Stresssteigernd hingegen wirkt sich ein nur anteiliges Home-Office aus, denn die tatsächlichen Zeitgewinne sind dabei marginal. Interessant ist, dass mehr Mütter als Väter von den positiven Auswirkungen des Home-Office berichten. Die Autoren der Studie sehen dies unter anderem in den «geschlechtsspezifischen Nutzungsmustern von Home-Office»: Väter nutzen danach den Zeitgewinn seltener für die Familie, ein konfliktreduzierender Effekt ist daher für sie seltener zu verzeichnen. Entsprechende Beispiele sind aus Erfahrungsberichten zu entnehmen. Unter anderem berichtet eine Mitarbeiterin der SI-Family-Redaktion, dass sie zwischendurch «die Wäsche in die Maschine stopfe». Dies stört den Arbeitgeber nicht, die Mitarbeiterin jedoch gewinnt an Haushaltseffizienz.

Andere Mütter berichten über die Freude, die Kinder morgens zur Schule zu bringen und nachmittags für sie da zu sein, wenn sie emotionsgeladen nach Hause kommen. Man könne auch mit der Familie zu Mittag essen, sich besser um die Hausaufgabenbetreuung kümmern und finde zwischendurch einige Minuten für sich selbst. Allein der fehlende Pendelweg bringt Studien zufolge bis zu drei Stunden mehr Zeit für die Familie pro Woche. Wichtig ist aber, klare Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben zu setzen:

  • Feste Regeln zu Arbeitszeiten verdeutlichen
  • Arbeitszimmer nutzen
  • Tagesplan nach festem Rhythmus erstellen
  • «Stille Zeiten» vereinbaren («Bitte nicht stören!»)
  • Feste Pausen einplanen
  • Routinen etablieren
  • Gelassenheit üben (Meist kommt alles anders …)

Die Zukunft des Home-Office: Was erwartet uns?

Experten gehen davon aus, dass die Arbeit in der Schweiz künftig hybrid bleiben wird. Die Studie «ISG Provider Lens: Future of Work (Workplace) Services Switzerland 2023» verrät im Ergebnis, dass eine wachsende Anzahl an Unternehmen in der Schweiz auch nach der Corona-Pandemie am Home-Office festhält und dass hybride Arbeitsmodelle dauerhaft etabliert werden. Dies wird auch beim Lesen von Stellenanzeigen ersichtlich, die vermehrt auf die Möglichkeit zum Home-Office oder zur Begrenzung der Bürotage hinweisen. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie künftig bei der Einrichtung von Büros sowohl das Platzangebot als auch die technische Infrastruktur völlig neu bedenken müssen.

Dabei gilt auch weltweit, dass das Home-Office inzwischen zur festen Arbeitskultur gehört, wenngleich einige grosse Unternehmen wie SAP oder Audi fordern, dass die Angestellten wieder vermehrt ins Büro zurückkehren. Grundsätzlich wird es weiterhin eine Mischung aus Home-Office und Büropräsenz sein, die die Arbeitswelt kennzeichnet. Eine starke Zunahme der Telearbeiter:innen, die gänzlich von zu Hause aus arbeiten, ist jedoch nicht zu erwarten.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit die Work-Life-Balance gilt in der Schweiz längst nicht mehr als reine Privatangelegenheit. Auf kantonaler und auf Bundesebene wurden in den letzten Jahren Rahmenbedingungen geschaffen, mit denen Familien entlastet werden sollen. Unter anderem geht es um das Schaffen von Anreizen für Kantone, Gemeinden und Arbeitgeber, eine familienergänzende Kinderbetreuung zu verbessern, wobei ein diesbezügliches Impulsprogramm seit 2003 läuft und noch bis Ende 2024 gehen soll.

Ansonsten sehen die aktuellen Gesetze in der Schweiz keine expliziten Regelungen zur Verbesserung der Work-Life-Balance vor. Durch die Möglichkeit zum Home-Office sollen Arbeitnehmer:innen die Möglichkeit erhalten, Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Gleichwohl gelten für Telearbeiter:innen und Präsenzangestellte gleiche Arbeitszeiten. Änderungen sind jedoch individuell möglich, sodass ein Arbeitsvertrag beispielsweise auf eine maximale Wochenstundenzahl von 30 oder auf die Viertagewoche angepasst werden kann. Wichtiger als gesetzliche Regelungen sind demzufolge persönliche Strategien, mit denen sich die Work-Life-Balance verbessern und mehr Zeit für die Familie gewinnen lässt.

 

Das Bild oben wurde von unserem Designer mithilfe eines KI-Tools erstellt. 🧑‍🎨 🤖

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