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Kolleg:innen als Unterstützung: Empathische Hilfe bei der Trauerbewältigung
Auch im Unternehmen ist niemand vor den Themen Trauer und Tod geschützt. Verliert ein:e Kolleg:in eine:n Angehörige:n oder gar ein Kind, lässt sich dieser Verlust nicht einfach am Eingang des Büros abschütteln. Niemand kann nun weitermachen wie bisher, doch einen längeren Ausfall des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin kann sich kaum ein Unternehmen leisten. Und auch menschlich gesehen ist es nötig, Unterstützung bei der Trauerbewältigung zu bieten. Kolleg:innen können dabei eine wertvolle Stütze sein, wenn sie sich empathisch zeigen und versuchen, Trauernden zu helfen.
Das sagt die Forschung
Trauer hat nicht nur grosse Auswirkungen auf die Hinterbliebenen, sondern auch auf deren Umfeld. Neben dem privaten Bereich zeigt sich das in der beruflichen Sphäre: Bei einer Studie aus den USA, bei der 25‘000 Personen über 25 Jahre befragt wurden, gaben mehr als die Hälfte der Menschen an, dass sie nach einem Trauerfall am Arbeitsplatz unproduktiv gewesen seien bzw. sich für wenig nützlich gehalten hätten. Meist wurde dieses Gefühl für mindestens einen Monat empfunden, nur rund 30 Prozent der befragten Personen fühlen sich kürzere Zeit nutzlos und wenig produktiv. Bei jeder:m Fünften hielt dieses Gefühl eigenen Einschätzungen zufolge wenigstens ein Jahr lang an. Dies hat direkte Auswirkungen auf das Unternehmen, in dem die betroffenen Trauernden tätig sind, denn ein Rückgang der Produktivität bedeutet auch einen Umsatzrückgang. Es ist daher nur allzu verständlich, dass trauernden Kolleg:innen unter die Arme gegriffen werden muss. Sowohl der wirtschaftliche als auch – und vor allem – der menschliche Aspekt hinter dieser Unterstützung ist wichtig. Allerdings zeigt eine Studie aus Frankreich aus dem Jahr 2021, dass rund 63 Prozent der Arbeitnehmer:innen nach einem Trauerfall das Gefühl hatten, wenig oder keine Unterstützung durch das Unternehmen bekommen zu haben. Etwa 47 Prozent hingegen gaben an, dass ihnen Kolleg:innen Trost gespendet hätten. 53 Prozent der Befragten empfanden es als hilfreich, wenn ihnen am Arbeitsplatz Gespräche zur Trauerbewältigung angeboten worden waren.
Trauernde im Ausnahmezustand
Während der Arbeitgeber auf der einen Seite das Beste für seine Mitarbeiter:innen möchte, auf der anderen Seite aber wirtschaftlichen Erfolg braucht, sind es vor allem die Kolleg:innen, die eine psychologische Stütze für Trauernde sein können. Diese befinden sich im Ausnahmezustand, stehen noch unter dem Schock des Verlusts und müssen lernen, ohne eine geliebte oder nahestehende Person im Leben klarzukommen. Um diesem Zustand zu begegnen, sollten Führungskräfte und Personalverantwortliche unbedingt für derartige Ernstfälle geschult werden. Sie sollten sich mental darauf vorbereiten, dass trauernde Angestellte anwesend sein können und Kontaktlisten von Trauerbegleiter:innen oder Kriseninterventionsteams bereithalten. Dennoch ist es schwer, mit der individuellen Trauer eines Menschen umzugehen. Diese ist geprägt durch:
- Schmerzen seelischer und teilweise körperlicher Art
- Konzentrationsprobleme
- Erschöpfung bei gleichzeitiger Ruhelosigkeit
- Antriebslosigkeit und fehlende Motivation
- Rückzug aus dem Sozialleben
- Suche nach dem Sinn des Lebens
- starken Redebedarf
Menschen trauern individuell: Manche ziehen sich zurück und sind nur noch körperlich anwesend, andere stürzen sich in die Arbeit und versuchen, sich damit abzulenken. Selten bitten Trauernde um Hilfe, gleichzeitig wünschen sie sich Anteilnahme und Empathie.
So kannst du Kolleg:innen bei der Trauer unterstützen
Der erste und wichtigste Tipp, wenn du trauernden Kolleg:innen helfen möchtest: Verfalle nie in Sprachlosigkeit! Es hilft nicht, das Thema nicht anzusprechen, wenn es die:den Trauernde:n doch beschäftigt. Vielmehr fühlt sie oder er sich nicht gesehen, von einem empathielosen Umfeld umgeben und isoliert. Doch es muss darum gehen, Trauernde aus dieser selbst empfundenen Isolation zu holen. Hab keine Angst, etwas Falsches zu sagen – sagst du gar nichts, ist das viel schlimmer. Viele Hinterbliebene beschreiben Ignoranz und Sprachlosigkeit im Privaten oder im Berufsleben als schlimmste Momente überhaupt.
7 Tipps, mit denen du trauernden Kolleg:innen helfen kannst
Die folgenden 7 Tipps sind für beide Seiten hilfreich: Zum einen unterstützt du die:den trauernde:n Kolleg:in, zum anderen sorgst du dafür, dass die Atmosphäre am Arbeitsplatz auch für dich und andere Kolleg:innen leichter wird. Denn eines ist klar: Trauer belastet nicht nur Hinterbliebene, sondern auch deren Umfeld.
- Hab Verständnis für Trauer: Jeder Mensch empfindet einen Verlust anders, ausserdem verläuft Trauer mit Höhen und Tiefen. Geht es dem:der Kolleg:in heute besser, kann er:sie morgen schon wieder in ein tiefes emotionales Loch fallen. Beim Verlust eines Kindes wird diese Trauer zudem nie ganz verschwinden und Psychologen gehen davon aus, dass die Bewältigung des schlimmsten Verlustschmerzes mindestens zwei Jahre dauern kann.
- Verteilt die Aufgaben neu: Trauernde sind wenig produktiv und häufig vor allem mit Aufgaben, die höchste Konzentration benötigen, völlig überfordert. Es kann hilfreich sein, die Aufgaben umzuverteilen und den:die Kolleg:in zumindest zeitweise von einigen Tätigkeiten zu entbinden. Wenn jede:r im Team eine kleine Zusatzaufgabe übernimmt, lässt sich die Arbeit meist dennoch zuverlässig erledigen. Ist das nicht möglich, sollte der:die Personalverantwortliche zumindest für kurze Zeit über Zusatzpersonal nachdenken.
- Zeige ehrliche Anteilnahme: Dein:e Kolleg:in sollte spüren, dass Nachfragen ernst gemeint sind. Ehrlich gemeint sein sollte auch das Angebot, als Gesprächspartner zur Verfügung zu stehen. Wer dies nur pro forma offeriert, sollte eher Abstand davon nehmen, denn der:die Trauernde wird schnell merken, ob die angebotene Gesprächszeit durch echte Anteilnahme geprägt ist oder schlimmstenfalls nur aus Sensationslust und dem Wunsch, Näheres über die Todesumstände zu erfahren, entstanden ist.
- Schreibt als Team eine Kondolenzkarte: Die Karte zur Beileidsbekundung ersetzt nicht die persönlichen Worte zur Anteilnahme, sie ist vielmehr eine nette Zusatzgeste. Die meisten Trauernden freuen sich über eine solche Karte, die das Mitgefühl der Kolleg:innen ausdrückt. Wichtig ist, dass die Karte keine Standardfloskeln enthält. Ausserdem sollte sie persönlich geschrieben werden, ein neutraler Text ohne direkten Bezug kommt nicht gut an und wird eher als Pflichtgeste denn als Geste des Mitgefühls verstanden.
- Bewerte die Trauer nicht: Wie schon gesagt, trauert jeder Mensch anders. Macht der:die Trauernde am ersten Tag zurück im Büro direkt Überstunden, sollten das ihm oder ihr überlassen bleiben. Das kann eine echte Überlebensstrategie sein, denn der Alltag im Büro stellt eine wichtige Stütze dar. Immerhin ist dort immer noch alles so wie immer. Viele Hinterbliebene wollen der Trauer am Arbeitsplatz keinen Raum geben, das solltest du akzeptieren.
- Regelmässige Lagechecks einplanen: Der:die trauernde Kolleg:in soll nicht das Gefühl haben, plötzlich zu nichts mehr nutze zu sein. Es ist daher sinnvoll, die Frage nach einer gewünschten Entlastung mit dem:der Betroffenen abzustimmen: «Ist es okay, wenn ich immer montags frage, ob du klarkommst oder ob du etwas brauchst?» Diese Checks können nach Absprache eingestellt werden, ohne dass sich jemand zurückgewiesen oder nicht beachtet fühlt.
- Keine Partyangebote unterbreiten: Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass Trauernde so viel Ablenkung wie möglich brauchen. Du solltest deiner Kollegin oder deinem Kollegen nicht auf die Nerven gehen, indem du ihr oder ihm ständig Angebote zu Partys oder abendlichen Veranstaltungen unterbreitest. Häufig wird das als anmassend und wenig authentisch empfunden, als würde jemand völlig verkrampft versuchen, die:den Betroffene:n aufzuheitern. Übertriebene Heiterkeit ist unangenehm und führt nicht selten dazu, dass sich Trauernde noch mehr zurückziehen.
Das kannst du als Führungskraft für trauernde Angestellte tun
Du bist nicht einfach ein:e Kolleg:in, sondern Vorgesetzte:r? Auch in dieser Position solltest du mit der Trauer der Mitarbeiter:innen im Unternehmen umgehen können. Dies beginnt zuerst mit der Aussprache der persönlichen Anteilnahme. Zudem hast du die Möglichkeit, dem oder der Trauernden Hilfe durch eine Trauerbegleitung anzubieten, die nicht nur psychologische Unterstützung offeriert, sondern auch bei alltäglichen Erledigungen, die nach einem Trauerfall anstehen, zur Hand geht. Am besten hast du dich schon vor Eintritt eines tatsächlichen Trauerfalls dazu informiert oder an entsprechenden Schulungen teilgenommen, um im Ernstfall direkt richtig reagieren zu können. Darüber hinaus kannst du einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter folgende Unterstützungsmöglichkeiten anbieten:
- Krankschreibung ohne berufliche Konsequenzen
- Überstundenabbau oder Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit
- Gewährung von Zusatzurlaub
- Verlegung der Arbeit ins Homeoffice
Es ist nun vor allem wichtig, auf den:die Angestellte:n zuzugehen und sich empathisch zu zeigen. Was braucht er oder sie, um sich den anstehenden Aufgaben in beruflicher und privater Hinsicht widmen zu können? Sind Teamgespräche sinnvoll, um eine Strategie festzulegen? Ist zur Ablenkung der Wechsel auf einen anderen Arbeitsplatz mit völlig neuen Aufgaben sinnvoller oder eher das Angebot zum kurzzeitigen beruflichen Rückzug? Führungskräfte müssen hier feinfühlig agieren und sich auf die Bedürfnisse des:der Betroffenen einstellen können. Ebenfalls wichtig: Eine Beileidsbekundung, die als Traueranzeige im Namen des Unternehmens veröffentlicht wird, darf keine Floskeln enthalten! Sie ist ein wichtiges Zeichen nicht nur für aktuell trauernde Mitarbeiter:innen, sondern auch für alle Nichtbetroffenen: Diese erfahren nun genau, wie menschlich und empathisch es tatsächlich im Unternehmen zugeht.
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