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Netzwerken für Introvertierte: So baust du Kontakte auf, ohne dich zu verstellen

Wer beruflich Erfolg haben möchte, kommt um das Netzwerken nicht herum. Das gilt ebenfalls für Introvertierte, auch wenn diese völlig anders an die Kontaktpflege herangehen. Gleichzeitig haben schüchterne Menschen grosse Stärken, die sie auch in Führungspositionen ausleben können. Generell lassen sich die Menschen grob in Introvertierte (schüchtern, ruhig, sozial eher zurückgezogen) und Extrovertierte (kontaktfreudig, präsent, geringes Stressempfinden im Umgang mit anderen Menschen) unterteilen. Während Letztere ihre Kraft aus dem Kontakt mit anderen Leuten ziehen, leert ein solcher die Akkus von Introvertierten recht schnell. Sie brauchen eine Pause und ziehen sich zurück, wenn es ihnen zu viel oder zu laut wird. Erstaunlicherweise ist es keine Voraussetzung für den beruflichen Erfolg, extrovertiert zu sein. Das zeigen auch die Beispiele bekannter Persönlichkeiten, die häufig introvertiert sind.

Warum ist Netzwerken auch für Introvertierte unverzichtbar?

Introvertierte dürfen sich dem Netzwerken nicht verweigern, denn Studien zeigen, dass Menschen, die nur innerhalb eines kleinen Teams verweilen, beruflich weniger erfolgreich sind. Schüchterne Leute bauen nur ein kleines Netzwerk auf, das jedoch anfällig ist und im Laufe der Zeit immer schwächer werden kann. Fallen einzelne Netzwerkkontakte weg, verringert sich dieses immer mehr und die wenigen verbliebenen Personen sind von Informationen und neuen Kontakten abgeschnitten. Hinzu kommt, dass Netzwerker:innen häufiger befördert werden, sich in besseren Positionen befinden und dementsprechend mehr verdienen.

Für Introvertierte heisst das, dass sie sich bestimmte Strategien zum Netzwerken aneignen müssen. Der Grund: Das Wissen um Umstrukturierungspläne im Unternehmen, um neue Trends in der Branche oder um offene Stellen bringt die Betreffenden beruflich weiter. Gute Kontakte können sogar das Fachwissen bis zu einem bestimmten Grad aufwiegen. Wer clever netzwerkt, wird bei der Vergabe neuer Aufgaben und Jobs eher bedacht, auch wenn das fachliche Know-how weniger ausgeprägt ist. Hier gilt: Besser auf Know-who statt allein auf Know-how setzen!

Wie kannst du deine introvertierten Eigenschaften im Networking nutzen?

Die sogenannten «leisen Menschen» haben einige Stärken, die ihnen im Umgang mit anderen Leuten weiterhelfen und die sowohl in Gesprächen als auch im Beruf nützlich sind:

  • gute Risikowahrnehmung und die Fähigkeit, Risiken abschätzen zu können
  • sehr gute Konzentrationsfähigkeit
  • Streben nach tiefgründigen Gesprächen
  • klares und fokussiertes Denken
  • sehr gute Zuhörfähigkeiten
  • selbstständige Arbeits- und Denkweise
  • gutes analytisches Denken
  • hohe Empathie
  • Beharrlichkeit

Introvertierte Menschen ziehen in Gesprächen schnell die wichtigsten Informationen heraus, da sie analytisch an das Gesagte herangehen. Sie hören gut zu, eine wichtige Eigenschaft beim Netzwerken, bei der es darum geht, den Gesprächspartner gut einschätzen und dessen Bedürfnisse wahrnehmen zu können. Die Fähigkeit zum strategischen Denken ermöglicht Lösungsansätze und das Definieren neuer Ideen innerhalb eines Gesprächs. Empathie, das Finden von Strategien sowie das fachliche Know-how sind es auch, die aus schüchternen Menschen ideale Führungskräfte werden lassen.

Persönliche Grenzen setzen: Wie viel Networking ist genug?

Es gibt Menschen, die können nie genug von Gesprächen mit anderen Leuten haben. Andere, nämlich die Introvertierten, haben das Gefühl, dass sich ihre Akkus leeren, wenn sie längere Zeit in grosser Gesellschaft sind oder auf Messen und Konferenzen anwesend sein müssen. Sie ziehen private, kleine Veranstaltungen vor und vermeiden lieber den Druck einer grossen Gesellschaft. Introvertierte müssen für sich selbst Grenzen festlegen und auf sich selbst hören: Wann brauche ich eine Pause? Manchmal hilft es schon, eine Veranstaltung kurz zu verlassen, um neue Kraft aus der Ruhe zu schöpfen. Grundsätzlich sollten sich schüchterne Menschen nicht unter Druck setzen lassen. Regelmässige Pausen sind wichtig und tun auch beim Netzwerken gut. Der Kreis der Kontakte muss nicht riesig gross sein, sondern zuverlässig und darf sich auf die wichtigsten Personen beschränken. Allerdings sollte natürlich mehr als nur die:der eigene Chef:in auf der Liste der wichtigsten Personen zu finden sein. Introvertierte sollten ungefähr wissen, wo sie beruflich stehen wollen und wer ihnen dabei helfen kann, die gewünschte Position zu erlangen. Neben diesen wichtigsten sollten auch weitere Kontakte entstehen und gepflegt werden, wobei sich der Personenkreis möglichst vielfältig, aber übersichtlich gestalten darf.

Online-Netzwerken: Eine komfortable Alternative für Introvertierte?

Schon lange beschränkt sich das Netzwerken nicht mehr nur auf reale Veranstaltungen, sondern findet auch online statt. Social Media und verschiedene Branchenplattformen erlauben den Aufbau eines digitalen Netzwerkes beispielsweise über LinkedIn, Instagram, X (früher Twitter) und weitere. Eine Freude für Introvertierte, denn hier können sie virtuell Leute kennenlernen, was ihrer Vorliebe, eher zu schreiben als zu sprechen, entspricht. Wer sich beim Online-Netzwerken kennengelernt hat und sich nun auf einem realen Event trifft, hat es zudem leichter. Immerhin gibt es bereits eine Gemeinsamkeit (die Nutzung der Online-Plattform), zudem wurden in der Vergangenheit schon bestimmte Themen besprochen, die nun aufgegriffen werden können. Das Netzwerken wird für Introvertierte leichter, wenn sie auf eine Basis aufbauen können, da das Gefühl des «Fremdseins» weniger intensiv ist.

Netzwerk-Events meistern: Strategien für den leisen Auftritt

Ein grosses Event steht an? Für Introvertierte ist ein solcher Termin meist ein Graus, doch es gibt Strategien, mit denen sich die Veranstaltung vorbereiten und später durchstehen lässt. Zum einen sollten dafür einige Überlegungen getätigt werden: Welche Themen könnten zur Sprache kommen? Eventuell lässt sich etwas aus dem Thema des Events ableiten, vielleicht ist zu erwarten, dass einige Personen aus dem virtuellen Netzwerk zum Event erscheinen. Dann kann auf Themen zurückgegriffen werden, die bereits online besprochen wurden. Hier einige der besten Strategien, um einen «leisen Auftritt» hinzulegen und ein Event als Introvertierte:r zu meistern:

  1. Sei du selbst und bleibe stets authentisch!
  2. Erscheine frühzeitig, sodass du zu noch kleinen Grüppchen stossen kannst. Du hast damit auch die Chance, allein erscheinende Gäste anzusprechen, ohne dass du in eine ganze Gruppe von Leuten gerätst.
  3. Sprich Personen in Gruppen mit ungerader Personenanzahl an, wobei vor allem Dreiergruppen ideal sind. So entstehen danach Zweiergruppen für das Gespräch.
  4. Such dir nur solche Events heraus, zu denen du thematisch einen Bezug herstellen kannst.

Der Follow-up: Wie pflegst du Kontakte authentisch und langfristig?

Es bestehen bereits Kontakte? Dann solltest du diese regelmässig pflegen, damit sie nicht einschlafen. Jeder Kontakt ist wertvoll und du weisst heute nicht, wozu du ihn morgen brauchen kannst. Dabei lebt die Kontaktpflege weniger von der Intensität als vielmehr von der Regelmässigkeit, mit der sie betrieben wird. Hier einige Tipps, wie du Kontakte pflegst und langfristig erhältst:

  1. Intensiviere virtuelle Kontakte, indem sie zu realen werden (Treffen vereinbaren). Umgekehrt sollten auch reale Kontakte zu virtuellen werden, was durch Freundschaftsanfragen und der Folgen-Funktion möglich ist.
  2. Sprich Empfehlungen aus, denn damit wirst auch du weiterempfohlen. Bitte daran denken: Für Empfehlungen immer bedanken! Möchtest du eine bestimmte Empfehlung, darf diese auch gern bei der entsprechenden Person erbeten werden. Du darfst dabei gern darauf hinweisen, was dich zur ausgewählten Person für eine bestimmte Stelle macht.
  3. Sei anwesend, sodass du bei Events mit den jeweiligen Leuten direkt sprechen kannst. Damit verhinderst du, in Vergessenheit zu geraten und bist themenmässig up to date. Gleichzeitig bietet das Event auch später noch ein gemeinsames Gesprächsthema.
  4. Sei online aktiv und kommuniziere mit Freund:innen und Geschäftspartner:innen über Social Media. Nutze die Plattformen aber nicht als Werbemittel! Tipp: Gib deinen Kontakten ein Like, denn nur wer etwas für andere tut, bekommt auch etwas zurück.
  5. Lass Networking zum Alltag werden und suche aktiv Orte auf, an denen sich mehrere Menschen aufhalten. Selbst der Büroflur gehört dazu!
  6. Biete anderen Menschen die Chance, dich kennenzulernen. Die Bürofeier, die Grillparty bei Freund:innen oder die Teilnahme an Weiterbildungen sind mögliche Gelegenheiten.
  7. Nutze Angebote zum Betriebssport, für gemeinsame Freizeitaktivitäten und Arbeitskreise, um das berufliche Netzwerk zu pflegen und auszubauen.

Kleine Schritte zum grossen Netzwerk: Wie fängst du am besten an?

Alles beginnt mit dem ersten Schritt und das gilt auch für das erfolgreiche Netzwerken. Bekannt ist hierfür unter anderem der Ausspruch «Never lunch alone», wobei natürlich niemand dazu gezwungen wird, immer im Beisein anderer Menschen zu essen. Vielmehr geht es darum, das Motto zu individualisieren und eine Regelmässigkeit abzuleiten. Ob Introvertierte nun jeden zweiten Tag mit den Kolleg:innen essen oder sich einmal im Monat verabreden, ist unerheblich. Das Networking in den Alltag zu integrieren heisst aber auch, Anknüpfungspunkte zu bieten, die sich beispielsweise aus dem Teilen eines Artikels in den sozialen Netzwerken ergeben.

Setze dir Ziele, denn du solltest wissen, was du mit dem Sammeln von Kontakten erreichen möchtest. Möchtest du dich weiterbilden, eine neue Stelle ergattern oder über Branchennews informiert werden? Entsprechend diesen Zielen kannst du die jeweilige Plattform definieren, über die sich die Ziele erreichen lassen. Willst du bestimmte Personen kennenlernen, solltest du überlegen, wer diese aus deinem bestehenden Bekanntenkreis kennen könnte. Dann bittest du diese Person, euch miteinander bekannt zu machen.

Sorge dafür, dass man sich an dich erinnert. Empfiehl beispielsweise eine Person weiter oder deute an geeigneter Stelle an, was diese Person erreicht hat (Auszeichnungen, Verfassen eines Buches, Veröffentlichung eines Interviews etc.). Likes und Kommentare in den sozialen Medien machen die Person bekannter. Sie wird sich auf jeden Fall an dich erinnern!

Introvertierte schreiben lieber, als dass sie direkt mit anderen Personen sprechen. Dies kannst du für dich nutzen, indem du interessante Menschen einfach anschreibst. Frag sie nach ihrer Meinung zu Dingen und Reaktionen, die sich auf ihre eigene Person beziehen. Ein Beispiel: Person A hat ein Buch verfasst, zu dem es negative Kritiken gab. In einer persönlichen Nachricht kann diese Person zu ihrem Umgang mit den Kritiken gefragt werden.

Eine gute Kontaktpflege lebt von Beharrlichkeit und Geduld. Lege fest, mit wem du dich gern austauschen möchtest, wen du interessant oder für deine Ziele hilfreich findest. Bedenke die ausgewählten Personen regelmässig mit kurzen Nachrichten, gern auch einmal abseits der digitalen Welt. Wie wäre es mit einer handgeschriebenen Postkarte zum Geburtstag?

Erfolgsgeschichten: Introvertierte Persönlichkeiten, die durch Netzwerken brillierten

Gemalte Sonnenblumen, Relativitätstheorie und Facebook haben eines gemeinsam: Sie wurden von Menschen gemacht, die als introvertierte Persönlichkeiten bekannt wurden. Namentlich sind dies bei den genannten Beispielen Vincent van Gogh, Albert Einstein und Mark Zuckerberg, wobei vor allem die beiden Letzteren nicht ohne das Netzwerken erfolgreich sein konnten. Dennoch verbrachten und verbringen diese Menschen gern Zeit allein und finden in einem ruhigen Umfeld zu ihrer Kreativität. Auch Simon Sinek, Bill Gates und Barack Obama reihen sich in die Riege der Introvertierten ein und entsprechen rein gar nicht dem stereotypen Bild schüchterner Menschen. Sie haben aber noch etwas gemeinsam, denn sie sind Kommunikationstalente, die auf ihre «leisen Stärken» setzen. Dies gilt ebenso für eine Reihe von Hollywood-Stars: Julia Roberts, Tom Hanks, Glenn Close und Alfred Hitchcock sind hier beispielhaft zu nennen.

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